Unbeobachtet nach Europa

Mangelndes Zuschauerinteresse bei Hertha BSC Berlin

Lediglich 36.608 Zuschauer begrüßte Hertha BSC Berlin zum Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt. Zur Erinnerung: Die Berliner haben als Tabellendritter gute Chancen, sich für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren, womöglich sogar für die Champions League. Der 2:0-Heimerfolg gegen die Hessen untermauert diese Aussicht. Zudem stehen die Hauptstädter erstmals seit 35 Jahren wieder im DFB-Pokal-Halbfinale. Bessere Argumente, sich für einen Besuch im Olympiastadion zu entschließen, hat der Club schon lange nicht mehr geliefert.

Zuletzt waren die Berliner in der Saison 2009/2010 europäisch vertreten. Dazwischen liegen zwei Abstiege – 2010 und 2012 – die den Club sportlich und finanziell weit zurückwarfen. Umso dankbarer sollte das Publikum sein, doch weit gefehlt. Schon zum vorangegangenen Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg, diesmal zu der von der Mehrzahl der Fans favorisierten samstäglichen Anstoßzeit um 15.30 Uhr, fanden nur 40.126 Zuschauer den Weg ins weite Rund. Zugegeben, die Spielweise der Herthaner sieht nur bedingt nach Feinkost aus, doch besticht das Team durch gute Ordnung, Disziplin, hohe Laufbereitschaft, Defensivstärke und Effizienz vor dem gegnerischen Tor.

Olympiastadion: Fluch und Segen 

Keine Frage, das für die Olympischen Spiele 1936 erbaute Olympiastadion und für die WM 2006 denkmalgerecht sanierte Olympiastadion, mit seinen 74.244 Plätzen das drittgrößte der Republik, wirkt auf seinen Betrachter wie aus der Zeit gefallen: allein die schiere Größe des Stadions mit seinen weitläufigen Umgängen, die monumentale Bauweise. Wenig erinnert an die modernen, reinen Fußballarenen, die vielerorts im Rahmen und im Nachgang der WM 2006 in Deutschland errichtet wurden. Aktuell trennt in der Bundesliga nur am Darmstädter Böllenfalltor eine überschaubare Laufbahn die Spieler von den Zuschauern, während hingegen in Berlin die Sichtverhältnisse wesentlich schlechter sind. Der Grund: Das Olympiastadion verfügt über eine Leichtathletiklaufbahn, die internationale Ereignisse, wie die WM 2009 ermöglicht. Während die Berliner weiter voller Sehnsucht auf die anderen Stadien blicken, rollen am Böllenfalltor 2017 die Bagger an. Bis zum Saisonstart 2018/2019 entsteht an gleicher Stätte ein reines Fußballstadion mit einer Kapazität für 19.350 Besucher.

Fehlende Unterstützung auch bei den Auswärtsspielen

Dass sich die fehlende Zuschauerresonanz nicht nur auf die Heimspiele beschränkt, zeigte sich am vergangenen Freitag, als die Berliner beim 1. FC Köln gastierten. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel wurde verkündet, dass sich knapp 1.450 Hertha-Fans eine Karte für das Spiel in der Domstadt besorgt hätten. Zum Vergleich: Der 1. FC Köln, im gesicherten Mittelfeld platziert, reiste unter der Woche zum Spiel beim FC Ingolstadt mit 1.500 Anhängern und schöpfte hiermit sein Gästekontingent komplett aus. Allein die weiten Anfahrtsreisen aus der Hauptstadt in das Bundesgebiet reichen als Begründung nicht aus. Hertha verfügt auch rund ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung über relativ wenig Unterstützung außerhalb seines klassischen Einzugsgebietes im Umkreis von Berlin.